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Kindeswohl und Kinderrechte

Einleitung

Nachdem es in den vorherigen Kapiteln darum ging, die Interessen und Lebenswelten von Kindern und Jugendlichen genauer zu betrachten, geht es in diesem Kapitel um Kindeswohl und Kinderrechte. Auch wenn Kinder und Jugendliche sich in vielen Belangen stark voneinander unterscheiden, gibt es grundlegende Bedürfnisse und Grundrechte, die allen gleichermaßen zustehen und die erfüllt und eingehalten werden müssen, damit sie sicher aufwachsen und zu selbstständigen und selbstbewussten Menschen heranwachsen können.

Kindeswohl

Was brauchen Kinder und Jugendliche, damit es ihnen gut geht, damit sie sich wohlfühlen und sich entsprechend ihrer Talente und Fähigkeiten entwickeln können? Um das zu beschreiben, lohnt ein Blick auf die Grundbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen. Denn: Kindeswohl bedeutet die Erfüllung der Grundbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen.

Alle Menschen haben bestimmte Grundbedürfnisse, deren Befriedigung für ihr körperliches, seelisches und geistiges Wohlergehen und die Entwicklung ihrer Persönlichkeit grundlegend sind. Im Unterschied zu Erwachsenen haben Kinder (und Jugendliche) allerdings noch nicht die Fähigkeiten und Möglichkeiten, diese Grundbedürfnisse aus eigener Kraft zu erfüllen. Daher ist es Aufgabe ihrer Eltern und/oder anderer Bezugs- und Betreuungspersonen, dafür Sorge zu tragen.

Grundbedürfnisse von Kindern und Jugendlichen

Häufig spricht man von folgenden sieben Grundbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen, die für ihr Wohlergehen erfüllt sein müssen (vgl. Brazelton/Greenspan 2002). Demnach haben sie ein Bedürfnis nach:

  1. beständigen, liebevollen Beziehungen zu Personen, die sich einfühlsam und fürsorglich um sie kümmern.
  2. körperlicher Unversehrtheit und Sicherheit (gesunde Ernährung, genügend Schlaf und Bewegung, Gesundheitsfürsorge, gewaltfreie Erziehung).
  3. individuellen Erfahrungen, die der Persönlichkeit und Einzigartigkeit des Kindes entsprechen und seine Talente und Fähigkeiten fördern.
  4. entwicklungsgerechten Erfahrungen, die Kinder weder überfordern noch unangemessen behüten.
  5. Grenzen und Strukturen, die ihnen Sicherheit und Geborgenheit geben.
  6. stabilen und unterstützenden Gemeinschaften, wodurch ihnen der Kontakt zu Gleichaltrigen und die Entwicklung erster Freundschaften ermöglicht werden.
  7. einer sicheren Zukunft, deren Rahmenbedingungen von Erwachsenen für sie geschaffen werden müssen.

Für Jugendliche ergänzen die Autoren diese Auflistung. Demnach haben sie zusätzlich ein Bedürfnis nach:

  1. der Ausstattung mit materiellen Gütern (Kleidung, Multimedia-Geräten…).
  2. Akzeptanz durch Gleichaltrige und Abnabelung von den Eltern, um einen eigenen Weg zu finden (Identitätsfindung).
  3. Austesten und Kennenlernen eigener Grenzen.

Kinderrechte

Jeder Mensch hat Rechte. Ein Recht ist etwas, was jedem von Geburt an zusteht, unabhängig von seinem Geschlecht, seiner Herkunft, Hautfarbe oder seines Alters. Da Kinder aber anders leben als Erwachsene und andere Bedürfnisse und Interessen haben, die als besonders schützenswert und förderungswürdig gelten, haben die Vereinten Nationen ein Übereinkommen über die Rechte des Kindes verabschiedet. Hier werden die allgemeinen Menschenreche entsprechend der Bedürfnisse und Interessen von Kindern übersetzt. Dieses Abkommen wurde am 20. November 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet und gilt heute nahezu weltweit.

Auch Deutschland hat die UN-Kinderrechtskonvention ratifiziert, das heißt, in deutsches Recht übernommen und sich damit verpflichtet, für das Wohlergehen aller Kinder zu sorgen.

Wichtige Grundpfeiler der Konvention sind:

  • Alle Rechte gelten für alle (!) Kinder weltweit gleichermaßen. Das bedeutet z.B., dass ausländische Kinder (z.B. Flüchtlinge) nicht anders behandelt werden dürfen als deutsche Kinder oder dass nicht-eheliche Kinder ehelichen Kindern rechtlich gleichgestellt sein müssen (Artikel 2, Absatz 1).
  • Kinder haben das Recht auf Leben und persönliche Entwicklung. Das mag sehr banal klingen, aber noch immer sterben Millionen von Kindern weltweit an vermeidbaren oder leicht behandelbaren Krankheiten (Artikel 6).
  • Bei allen Entscheidungen, die Kinder betreffen, muss ihr Wohl beachtet und vorranging berücksichtig werden (Artikel 3, Absatz 1).

Aus diesen Grundprinzipien ergeben sich Einzelrechte, die in 54 Artikeln in der Kinderrechtskonvention beschrieben werden. Diese verschiedenen Rechte kann man grob in drei Gruppen einteilen (vgl. Unicef Homepage):

  • Kinder haben das Recht, angemessen und umfassend versorgt zu werden (Versorgungsrecht). ►mehr
  • Kinder haben das Recht auf besonderen Schutz vor jeglicher Form von Gewalt oder Ausbeutung (Schutzrechte). ►mehr
  • Kinder haben das Recht, angehört und beteiligt zu werden (Beteiligungsrechte). ►mehr

Versorgungsrechte
Hierzu zählen unter anderem die Rechte auf Gesundheitsversorgung, Bildung, angemessene Lebensbedingungen, Ernährung und Kleidung, eine menschenwürdige Wohnung und auf soziale Sicherheit. Zu den wichtigsten Rechten von Kindern gehört das Recht auf einen Namen, auf Eintrag in ein Geburtsregister und auf eine Staatsangehörigkeit, kurz: auf eine persönliche Identität und rechtlichen Status als Bürger eines Landes (Artikel 23-29, 7, 8).

Schutzrechte
Kinder haben ein Recht auf Schutz vor körperlicher oder seelischer Gewalt, vor Misshandlung oder Verwahrlosung, grausamer oder erniedrigender Behandlung und Folter, vor sexuellem Missbrauch und wirtschaftlicher Ausbeutung. Die Staaten verpflichten sich, Kinder vor Entführung und Kinderhandel zu bewahren, ihnen im Krieg oder bei Katastrophen besonderen Schutz zu gewähren, Minderheitenrechte zu achten und Kinder nicht zum Tode zu verurteilen (Art. 19-22, 30, 32-38)

Beteiligungsrechte
Kinder haben ein Recht auf freie Meinungsäußerung und auf freien Zugang zu Informationen und Medien. Sie haben Anspruch auf kindgerechte Information. Die Staaten müssen das Recht der Kinder auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit achten. Sie müssen die Privatsphäre und die persönliche Ehre von Kindern schützen. Kinder haben ein Recht auf Freizeit und Beteiligung am kulturellen und künstlerischen Leben (Art. 12-17, 31)

Literatur

Brazelton, T. Berry; Greenspan, Stanley: Die sieben Grundbedürfnisse von Kindern. Was jedes Kind braucht, um gesund aufzuwachsen, gut zu lernen und glücklich zu sein. Beltz Verlag, 2002

Unicef Homepage: Unicef verwirklicht Kinderrechte www.unicef.de/ueber-uns/unicef-und-kinderrechte (letzter Abruf: 19.11.2015)

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